Durch die Brenta von der "Tuckett-Hütte" zur "Tosa-Hütte"
(FM) Als wir am Morgen starten, ahnen wir es noch nicht einmal. Viel Herzklopfen, manche Schreckmomente, große Überwindung, eine ganze Menge Mut und ja, auch etwas gesunde Angst. Auf unserem Weg durch die Brenta sind wir auf der Königsetappe unserer Tour.
Nichts ahnend packen wir nach dem frühen Frühstück unsere 7-Sachen und starten auf dem ("Orsi"-) Weg Nr. 303 in Richtung "Bocca del Tuckett", einem Bergübergang in 2648 m Höhe.
Am Anfang ist der Weg noch gut begehbar, im weiteren Verlauf wird der Weg echt knifflig und es gibt viele Stellen, an denen wir teilweise auf allen Vieren hochkraxeln müssen. Unterwegs begegnet uns ein Paar aus den USA, mit kompletter Klettersteigausrüstung (Steinschlag-Helm, Kletterhandschuhe, Sicherungsgurt mit Rettungsseil). Worauf haben wir uns da eingelassen?
Nach gefühlt endloser Zeit sind wir endlich oben. Der Blick vom schmalen Übergang der "Bocca del Tuckett" in die vor und hinter uns liegenden Täler ist überwältigend. Im Sonnenschein genießen wir diesen sehr intensiven Moment.
Weil es auf unserer weiteren Route keinen anderen Weg ins Tal gibt, müssen wir das 1. Mal auf einem mit Stahlseilen und in den Berg geschlagene Trittstufen aus Eisen versicherten Steig ca. 100 m abwärts klettern. Das geht überraschend gut.
Am Ende des versicherten Steiges sehen wir zunächst keine weitere Wegmarkierung. Wir klettern jetzt nach Gefühl weiter an einer immer schmaler werdenden Felswand entlang, eine gefährliche Sackgasse!
Rückzug! Vorsichtig klettern wir zum unteren Teil des versicherten Steiges zurück. Zum Glück treffen wir dort ein versiertes Bergsteigerpärchen. Gemeinsam finden wir die Markierungen für den Weg ins Tal. Unsere neuen Freunde gehen vor, steil abwärts direkt in einem Geröllfeld.
Weiter geht es unterhalb der "Clima Brenta" (3150 m) entlang auf einem schmalen, aber gut begehbaren Weg. Obwohl die Sonne langsam verschwindet, Nebel aufzieht und es merklich kälter wird entspannen wir uns.
Die Sicht sinkt auf ca. 30 Meter und plötzlich taucht aus dem Nebel ein mit Stahlseilen versicherter Steig auf. Wir klettern an diesem Entlang, doch plötzlich fehlt ein Stück vom Stahlseil. Auf unserem weiterem Weg liegt außerdem etwas vereister Schnee. Was tun, wie nun weiter?
Wir nehmen allen, ja wirklich allen unseren Mut zusammen und kraxeln, hangeln und balancieren uns gegenseitig helfend weiter, bis wir wieder sicheres Terrain unter unseren Wanderstiefeln erreicht haben. Puh ... geschafft!
Der Weg ist jetzt wieder gut begehbar, von Eis und Schnee keine Spur mehr. Oder doch nicht?
Auf einem weiteren versicherten, aber schmalen Weg entlang einer Galerie unterhalb eines Felsmassiv sind die im Felsen verankerten Sicherungsseile an vielen Stellen mit großen Eiszapfen behangen. Also ... beide Hände ans Seil!
Endlich kommt unser heutiges Tagesziel, die "Tosa-Hütte" in 2439 m Höhe in Sicht. Eine letzte Kletterpartie durch eine Scharte (Öffnung im Berg), noch ein paar Meter nach oben und wir sind angekommen.
Wider erwarten sind wir schon am frühen Nachmittag auf der Hütte und so beziehen wir unser Bettenlager, diesmal sind wir nicht allein, und machen es uns bei heißem Kakao und anderen Leckereien im Gastraum gemütlich.
Da es hier oben schon sehr kalt ist, lassen wir das mit dem Duschen wieder sein und lassen auch zum Schlafen wieder unsere Sachen an. Wir sind geschafft und überglücklich es ohne Blessuren bis hierher geschafft zu haben. Hüttenrausch!
- Wörter des Tages: unschwierig und beachtlich